Unilmmo: Wohnen ZBI und die Bedeutung des Urteils des Landgerichts Nürnberg – Fürth, Aktenzeichen 4 HK O 5879/24
Die meisten Anleger wollten eine sichere Geldanlage und haben akzeptiert, dass bei geringen Zinserträgen eine vermeintlich hohe Sicherheit vor Kapitalverlusten bestehen sollte. Aus schönen Versprechungen wurde bittere Wirklichkeit. Beginnend mit einem Verlust von 5 % Agio und einer Abwertung von ca. 17 % erleiden die Anleger bisher Verluste von 22 % Prozent. Ob die Verluste noch größer werden, hängt u. a. davon ab, wie die weiteren Wertschätzungen für den Fonds ausfallen. Vor dem Hintergrund, dass die zukünftigen Bewertungen sich auf das bisherige Nettobestandsvermögen beziehen, das sich nicht einfach verändern oder austauschen lässt, können/müssen noch schlechtere Ergebnisse befürchtet werden. Kleinste Erholungen werden von der Inflation ausgeglichen.
Die Produktinformation der Union Investment empfahl den Fonds den konservativen Anlegern. Die Bankberater übernahmen das Votum, obwohl ihre Pflicht gegenüber den potenziellen Kunden darin bestand, eine eigene Plausibilitätsprüfung vorzunehmen.
Das Urteil des Landgericht Nürnberg-Fürth, Akz.: 4 HK O 5879/24, Rdn. 110, vom 21. 02. 2025 kommt zu dem Ergebnis, dass der Fonds mit einer falschen, weil zu niedrige Risikostufe nach der DelVO beworben wurde. Dass hat auch Aus-wirkungen für die Erfolgsaussichten einer Klage gegen die beratenden Banken etc., die ihre Beratungen unter Zugrundelegung der Produktinformation der Union Investment vornahmen.
Die Darstellung der Risikoprofile typisierter Anleger in der streitgegenständlichen Produktinformation, Stand 13. 05. 2019, mit Begriffen wie konservativ, risikoscheu, risikobereit, spekulativ und hoch spekulativ, die der Typisierung dienen, ist angesichts der gesetzlichen Vorgaben der PRIIP-VO (EU) Nr. 1286/2014, die nur die Risikoindikatoren mit den Bewertungen der Skalen 1 – 7 vorgibt, eine Täuschung der potenziellen Erwerber des Fonds. Je kleiner die Zahl ist, desto geringer auch das Risiko. Vergegenwärtigt man sich, warum der Gesetzgeber andere Bewertungsmaßstäbe als konservativ, risikoscheu etc. wie in der Produktinformation den Vorzug gegeben hat, um den Anlegern die Beurteilung des Risikos zu erleichtern, so fragt man sich, warum nicht die gesetzlichen Kriterien genutzt wurden. Im Zitat, Landgericht Nürnberg – Fürth, a. a. O., Rdn. 71: „Ausweislich Anhang II Teil 1 Nr. 3 Del-VO erfolgt die Kategorisierung von PRIIP „zur Ermittlung des Marktrisikos“. Das Marktrisiko wird nach Anhang II Teil 1 Nr. 1 DelVO anhand der annualisierten Volatilität entsprechend dem „Value-at-Risk“ gemessen, sprich anhand der jährlichen Wertschwankung eines Investments und dem potenziellen Verlust im angegebenen Zeitraum. Diese – für Anleger eher unübersichtliche – Bewertungsmethode soll über einen Gesamt-risikoindikator vereinfacht und veranschaulicht werden, damit sie auf einfachem Wege eine informierte Anlageentscheidung treffen können. Am zugrundeliegenden Gedanken ändert das nichts. Die Risikoklasse soll ausdrücken, mit welcher Wahrscheinlichkeit und in welchem Umfang Anleger eingelegte Gelder potenziell verlieren können.“ Demnach dient die Darstellung des Risikos entsprechend den Vorgaben der DelVO dem Verständnis des potenziellen Kunden, er wird besser informiert und dadurch erreicht die Präsentation eine höhere Schutzfunktion. Mit Einstufungen von 1 – 7 von geringstem bis höchsten Risiko findet eine deutliche, und nach gesetzlichen Vorgaben transparente Risikobewertung statt. Geringe – oder tiefste Risikobewertungen, die eine exzellente Kaufempfehlung sind, entfallen, wenn die nachfolgenden Umstände – auch für den hiesigen Fonds zutreffend – vorliegen. Im Zitat, Landgericht Fürth – Nürnberg, a. a. O., Rdn. 72: „Vor diesem Hintergrund ist auch Anhang II Teil 1 Nr. 4 lit. c) DelVO zu verstehen. Wenn eine Preisfestsetzung nicht mindestens monatlich erfolgt, erscheint dem Verordnungsgeber das Risiko einer Anlage schon abstrakt – sprich unabhängig von der konkreten Gewinn- und Verlusthistorie – höher. Der Verordnungsgeber muss also bei der Preisfestsetzung in diesem Sinne eine Bewertungsmethode vor Augen gehabt haben, deren Applikation Verbraucher besser über das Risiko der betroffenen Anlage informiert, und die deshalb eine geringere Risikoklasse rechtfertigt.“ Der Unilmmo: Wohnen ZBI wird nur dreiviertel – jährlich bewertet. Im Unterschied dazu verhält sich die Produktinformation der Union Investment. Aus der Perspektive des verkaufenden Fondsgesellschaft erfolgt eine subjektiv gefärbte Risikoeinstufung für einen typischen Anleger. Das Kriterium „Risikoprofil des typischen Anlegers“ in der Produktinformation ist zudem zirkulär oder selbsterfüllend. Welche Risiken ein typisch konservativer Anleger, ein typisch risikoscheuer Anleger, ein typisch risikobereiter Anleger, etc.“ eingeht, ist nicht verifizierbar, müsste in einem ersten Schritt festgelegt werden. Hierbei fehlt es in der Produktinformation an der notwendigen Transparenz, wie die Typisierung erfolgen soll. Im zweiten Schritt müsste das Risiko des Fonds festgelegt werden. Bei einer Gegenüberstellung der detaillierten Risikobereitschaft des typisierten Anlegers und den detaillierten Risiken des Fonds wären die Einstufungen in den Kategorien konservativ, risikoscheu, risikobereit, spekulativ und hoch spekulativ, transparenter und nachvollziehbarer, aber immer noch aus der subjektiven Sicht der verkaufenden Fondsgesellschaft erfolgt. Dadurch wird der potenzielle Anleger nicht zutreffend/objektiv richtig und vollständig über das Anlegerrisiko aufgeklärt. Mit den Risikoprofilen des typisierten Anlegers wird eine Risikoverharmlosung betrieben. Hierbei handelt es sich um eine objektiv feststellbare Täuschung, wenn nach der gesetzlichen Regelung in der DelVO eine wesentlich höhere Risikostufe vorliegt. Belegt für die Fehlerhaftigkeit der Risikobewertung ist das aufgeführte Verfahren beim Landgericht Nürnberg – Fürth, a. a. O., mit stark unterschiedlichen Risiko – Einstufungen zwischen den Parteien und letztlich dem erkennenden Gericht. Das Landgericht Nürnberg – Fürth kommt zu einer Klassifizierung von 2 – 3, die klagende Verbraucherzentrale von 6. Es sind zwar verschiedene Risikofeststellungsverfahren, aber beide Verfahren müssten dasselbe Ergebnis hervorbringen. Nach dem gesetzlichen Verfahren liegt eine höhere Risikoeinstufung vor, die eine Empfehlung für konservative Anleger nicht rechtfertigt. Die Kreditinstitute besitzen die Kenntnis, wie eine gesetzmäßige Risikodarstellung nach der DelVO auszusehen hat. Die Problematik der Verharmlosung der Aufklärung über die Risiken des Fonds erschließt sich aus einer Formulierung im Urteil des Landgericht Nürnberg – Fürth. Im Zitat, Landgericht Nürnberg – Fürth, a. a. O., Rdn. 110: „Die hier verletzten Vorschriften sind unzweifelhaft dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Der Verstoß ist auch geeignet, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen. Der Verbraucher, bei dem es sich nach dem Wesen des PRIIP und nach den eigenen Angaben der Beklagten in den Basisinformationsblättern typischerweise um einen „Kleinanleger“ handelt, wird sich in erster Linie an der Risikoeinstufung im Informationsblatt orientieren, um das Risiko einzuschätzen. Die Einstufung nach der Risikoklasse ist für den Verbraucher das entscheidende Kriterium, um auf den ersten Blick das Risiko verlässlich einschätzen zu können. Gibt die Beklagte die Risikoklasse zu niedrig ein, täuscht sie damit den Verbraucher hinsichtlich des Risikos und damit auch über wesentliche Merkmale des Anlageprodukts gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 UWG.“ Vorliegend verzichtet die Produktinformation nicht nur auf die Risikoklassen der DelVO, sondern es geht noch schlimmer, die eigens aufgestellten Risikoklassen sind so gestaltet worden, dass deren Risikoklassifizierung jedes gewünschte Ergebnis erreichen kann. Ein Verstoß kann auch darin liegen, dass eigene, andere Bewertungsmodelle dem potenziellen Kunden zur Verfügung gestellt werden. Die Täuschung liegt darin, dass der potenzielle Kunde in den Glauben versetzt wird, ihm würde eine verlässliche, nicht dem Gesetz widersprechende, Information an die Hand gegeben. Die Typisierung suggeriert ein objektives, neutrales und unabhängiges Feststellungsverfahren.
Fazit: Die Darstellungen der Risikoprofile in der Produktinformation widersprechen den Vorstellungen des Gesetzgebers der DelVO. Dass die Fondsgesellschaft nicht die gesetzlichen Kategorien verwendet, und an deren Stelle subjektive, nicht überprüfbare Kategorien bildet und verwendet, verharmlost das objektive Risiko, täuscht den potenziellen Kunden über das wirkliche Risiko des hiesigen Fonds. Bei einer gesetzlichen Einstufung des hiesigen Fonds in die Kategorie 2 oder höher nach der DelVO hätten die meisten Anleger den Fonds nicht erworben.
Rechtsanwalt Strecker, LL.M. Fachanwalt für Bank – und Kapitalmarktrecht berät Sie gerne: info@rechtsanwalt-strecker.de oder Telefon: 0251 – 97 440 414